Die Bevölkerung von Migiersdottir hatte über Jahrhunderte keinen Kontakt mehr zum Rest der Galaxis. Die Kolonie fiel in dieser Zeit technisch auf den Stand des Mittelalters zurück. Dann aber wurde der Planet von Terra plötzlich wiederentdeckt und zur Ausbildung von Soldaten genutzt. Kurze Zeit nach dem Eintreffen einer neuen Gruppe von Pilotenschülern bricht der Kontakt zu Terra erneut ab. Die Soldaten der terranischen Garnison haben nur eine Möglichkeit zu überleben: Sie müssen sich in die vorhandene, archaische Gesellschaftsstruktur integrieren, wobei sich immer wieder die Frage stellt, ob die Krankheit, die den überwiegenden Teil der einheimischen Bevölkerung unfruchtbar macht, irgendwann auch auf die Soldaten übergreifen wird.
Migiersdottir (Ebook)
€8,99
Axel Kruse – Migiersdottir
186 Seiten
Format Epub
Kategorie: Science Fiction allg. Reihe
Schlagwörter: Axel Kruse, Science Fiction, Space Opera, Weltraumabenteuer
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Ankunft auf Migiersdottir
Grelles Sonnenlicht blendete mich, als ich aus der Schleuse ins Freie trat. Es dauerte etwas, bis ich wieder einigermaßen meine Umgebung erkennen konnte. Glücklicherweise ging es nicht nur mir so. Die Reihe, in der wir gingen, stockte vor mir. Alle hatten dieselben Probleme. Das Licht auf dem Raumschiff, das uns hierher gebracht hatte, war eben ein anderes als das Licht dieser Sonne.
Ich sah mich um, unsere Fähre war gut einen Kilometer von den Abfertigungsgebäuden entfernt gelandet. Weit und breit war kein Transporter zu sehen, der uns bis dorthin gebracht hätte. Die Sonne knallte vom Himmel, es musste fast Mittag sein. Die 30-Grad-Marke war sicherlich bereits geknackt worden. Mir lief der Schweiß in Strömen den Rücken hinunter.
Ein Feldwebel stand etwas seitlich versetzt im Schatten des Shuttles. Klar, warum sollte er sich in die pralle Sonne begeben? Er hatte die Wahl, wir nicht.
»Antreten!« Der Feldwebel hatte diese Art vervollkommnet, nicht laut, aber durchdringend seine Befehle von sich zu geben.
Die Leute vor mir beeilten sich, dem Befehl nachzukommen. Auch ich reihte mich ein. Auf meiner Heimatwelt hatte ich bereits gelernt, dass mein Platz in der Regel hinten links war, von mir aus gesehen. Antreten bedeutete immer in Dreierreihe, die größten hinten links, von da ausgehend dann der Größe nach nach rechts abfallend.
Nun, der Größte war ich nicht, da gab es zwei Männer, die tatsächlich noch ein Stück länger waren als ich. Alle anderen überragte ich allerdings um mindestens einen halben Kopf.
Da standen wir nun mit dem Gesicht in Richtung des Feldwebels, dreißig Männer und Frauen, und warteten auf weitere Befehle.
»Achtung!«
Aus dem Shuttle trat eine etwa vierzigjährige Frau. Sie stellte sich neben dem Feldwebel auf und begutachtete uns. Dass sie an Bord der Fähre gewesen war, hatte ich nicht bemerkt, aber ich war ja auch im umfunktionierten Frachtabteil befördert worden. Sie war vermutlich in der Personenkabine mitgeflogen.
»Rühren«, sagte die Frau leise. Wir kamen dem Befehl nach.
»Willkommen auf Migiersdottir. Mein Name ist Major Natarja Mbele. Ich bin Leiterin der hiesigen Flugschule und habe die Aufgabe, Sie auszubilden.«
Demnach musste sie kurz nach unserer Ankunft mit einer Fähre ins Orbit gekommen sein. Umständlich, sie hätte auch hier warten können. Dann hätte sie aber in der Sonne stehen müssen, fiel mir ein. Das hatte sie lieber dem Feldwebel überlassen.
»Eines direkt vorweg«, fuhr sie fort. »Sie alle bekleiden den Rang eines Leutnants. Dies aber nur deshalb, weil Sie fliegen werden. Schlussendlich wird es Ihre Aufgabe sein, in den Abfangjägern eines Basisschiffes zu sitzen und dieses zu schützen.«
Schöne Umschreibung dessen, was das Erdprotektorat mit meinem Heimatplaneten angestellt hatte. Drei Basisschiffe mit ihren Jägern hatten uns nur die Wahl gelassen, uns Terra freiwillig anzuschließen oder einen sinnlosen Verteidigungskrieg zu führen.
»Ihr Rang ist demnach nur Ihrer zukünftigen Funktion geschuldet. Hier, während der Ausbildung, bedeutet er nichts. Sie unterstehen dem Befehl jeden Unteroffiziers genauso wie der einfache Soldat.«
Jetzt trat sie aus dem Schatten der Fähre heraus. Ihre Haut zeigte eine dunkle Brauntönung, ähnlich der des Feldwebels. Sie schritt vor uns auf und ab. Hätte sie sich bei uns einreihen müssen, hätte dies sicherlich in der ersten Reihe recht weit rechts erfolgen müssen.
»Sie werden ein halbes Jahr hier ausgebildet, dann geht es in den Einsatz. Wir werden trainieren, wie Sie in Bodennähe die Deckung ausnutzen und anfliegen können. Sie werden im Asteroidengürtel lernen, was es heißt, zwischen fliegenden Bergen mit irrwitziger Geschwindigkeit zu fliegen, und Sie werden den Landeanflug auf einem Basisschiff erlernen.« Sie blickte uns an. Dabei war mir klar, dass sie nur den Eindruck erweckte, jeden einzelnen zu fixieren. In Wirklichkeit blickte sie durch uns hindurch.
Wir würden demnach zum Kanonenfutter ausgebildet. Klar, manövrieren sollten wir können. So eine Maschine war viel wert, da machte es Sinn, Ausbildung in den Piloten zu stecken, damit der nicht sofort gegen einen Berg flog. Ins gegnerische Basisschiff durfte er dagegen gerne fliegen, möglichst noch mit einer intakten Rakete an Bord, die vorzugsweise erst zündete, wenn der Jäger bereits im Inneren des gegnerischen Schiffes war.
»Feldwebel Narcwest, Sie übernehmen und bringen den Trupp in die Kaserne.« Die Majorin drehte sich um und betrat wieder die Fähre. Vermutlich würde diese starten, sobald wir abmarschiert waren, und sie zur Kaserne befördern.
Der Feldwebel trat aus dem Schatten in die Sonne. Er fixierte uns, wie das nur ein Feldwebel kann. »Mein Name ist Narcwest, Kurd Narcwest. Wir werden noch viel Spaß miteinander haben.« Er wartete kurz, bis die Schleuse der Fähre sich geschlossen hatte. Dann befahl er: »Gepäck aufnehmen, folgen, in Dreierreihe.« Er marschierte voran.
Wir schulterten unsere Seesäcke und folgten ihm durch die pralle Sonne.
Nach gut fünfhundert Metern Marsch hörte ich hinter uns, wie die Triebwerke der Fähre hochgefahren wurden. Dann schwebte ein Schatten über uns hinweg. Ich hatte recht gehabt, das Shuttle brachte die Majorin direkt zur Kaserne, während wir das zu Fuß zu erledigen hatten. Wundern tat mich das nicht.
Wir waren erschöpft vom Marsch in der brütenden Hitze, trotzdem ließ uns der Feldwebel auf dem zentralen Platz der Kaserne noch einmal antreten. Ringsum war die Freifläche gesäumt von dreistöckigen Gebäuden, an denen in jeder Etage Laubengänge angebaut waren, auf denen einige Soldaten beobachteten, was geschah. Wie ich später erfahren sollte, waren es Mitglieder von Ausbildungsgängen, die uns etwas voraus waren.
»Das Gebäude hinter Ihnen wird Ihnen während Ihrer Anwesenheit hier als Unterkunft dienen. Je drei von Ihnen belegen eine Stube. Sie werden mit denjenigen in die jeweilige Stube einziehen, die direkt vor beziehungsweise hinter Ihnen stehen. Damit dürfte es zukünftig beim Appell keine Schwierigkeiten beim Aufstellen geben. Sie haben jetzt eine halbe Stunde Zeit, sich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen, danach sehen wir uns im Seminarraum Drei wieder. – Wegtreten.«
Der Feldwebel drehte sich um und ging zu einem der anderen Gebäude hinüber, vermutlich das Unteroffiziersheim.
Ich schulterte meinen Seesack und sah zu den beiden Personen, die vor mir standen. Zwei Frauen, etwa in meinem Alter. »Dann wollen wir mal«, sagte ich. »Oder habt ihr was anderes vor?«
Die Stuben im Erdgeschoss waren bereits alle belegt, wir fanden eine leere in der ersten Etage.
»Elak Surex«, sagte ich und streckte meinen Mitbewohnerinnen die Hand hin.
»Viviane Herm, Terra«, sagte die Frau, die direkt vor mir gestanden hatte.
»Aiche Dombosu, auch von Terra. Wo kommst du her?«
»Aramas Welt«, sagte ich. »Eine kleine, unbedeutende Kolonialwelt. Wir haben den Anschluss an das Erdprotektorat erst vor kurzem vollzogen.«
»Schön, dass du deinen Platz in Terras Streitkräften gefunden hast.« Viviane begutachtete die Betten. »Nicht gerade komfortabel, aber für ein halbes Jahr wird es reichen.« Sie warf ihr rotes Barett auf das am Fenster stehende Bett. »Das ist meins.«
Ich ließ Aiche den Vortritt und nahm das übriggebliebene.
»Habt ihr die Burg bemerkt?« Aiche sah aus dem linken Fenster. »Von hier aus kann man sie nicht sehen, aber vorhin, als wir zur Kaserne marschiert sind, war sie deutlich am Berghang zu erkennen.«
»Ein Hinterwäldlerplanet. Vor nicht allzu langer Zeit erst wieder entdeckt worden. Menschen siedeln seit Jahrhunderten hier. Archaische Gesellschaftsform.«
»Woher weißt du das alles, Viviane?«, fragte ich.
»Sie hat sich an einen der Offiziere auf dem Schiff rangemacht …«
»Er war bloß Maat, zuständig für die Rettungskapseln.« Ihr Blick bekam einen träumenden Ausdruck. »Habt ihr es schon mal in einer Rettungskapsel getrieben? Nur Zentimeter vom absoluten Vakuum entfernt, an der Außenhülle des Schiffes klebend? Ich kann euch sagen …«
»Das wollen wir nicht wissen.« Aiche verdrehte die Augen.
»Wie viel Zeit bleibt uns noch?«, fragte ich.
»Zehn Minuten. Wir sollten uns auf den Weg machen. Wir müssen noch rausfinden, wo der Seminarraum ist.« Viviane stellte ihren Seesack neben das Bett, ergriff das Barett und ging zur Tür.
Wir benötigten knapp sieben Minuten, um den Raum zu finden. Er befand sich in einem Gebäude drei Reihen hinter unserer Unterkunft. Wir hatten unsere Lektion bereits gelernt, wir waren vollzählig, alle dreißig. Keiner wollte es sich leisten, zu spät einzutreffen. Da die Tür offen war, traten wir ein und suchten uns Plätze. Im Raum standen rund fünfzig einzelne Stühle, jeder hatte ein kleines Klapptischchen an der linken Lehne.
»Achtung!« Der Ruf kam von dem Soldaten, dessen Stuhl direkt neben der Tür stand.
Wir sprangen auf. Irgendwo hinter mir fiel ein Stuhl um. Der Feldwebel trat ein. Zusammen mit einer Frau, ebenfalls in Uniform.
»Setzen«, befahl der Feldwebel. »Ich darf Ihnen Oberfeldwebel Muriel Summer vorstellen. Sie wird die Schießausbildung übernehmen.«
Schießausbildung? Bekamen wir auch eine Grundausbildung für eine Infanterieeinheit?
»Morgen früh sehen wir uns auf dem Schießstand«, ließ sich jetzt die Frau vernehmen. »Wir wollen es nicht hoffen, aber es besteht immerhin die Möglichkeit, dass Sie hinter feindlichen Linien landen und sich durchschlagen müssen. Dazu sollten Sie zumindest in der Lage sein, eine Handfeuerwaffe zu bedienen.« Sie blickte den Mann an, der direkt neben der Tür saß. »Sie führen den Zug dorthin, Leutnant.«
Der so Angesprochene sprang auf und salutierte. »Jawohl!«
Irgendwie entsprach er dem Archetyp dessen, was ich hier erwartet hatte. Terraner, darauf wollte ich meinen letzten Sold setzen, durchtrainiert und völlig in der Rolle aufgehend. Deshalb hatte er sich vermutlich auch direkt den Platz neben der Tür gesichert.
»Heute erfolgt nur die Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten. Mit dem Unterricht geht es morgen los.« Feldwebel Narcwest machte eine Pause und sah uns alle an. »Sie werden vorerst keinen Ausgang haben. Das gilt für die ersten zwei Wochen. Danach steht es Ihnen frei, die Kaserne zu verlassen und sich auch draußen umzusehen. Bitte beachten Sie, dass für die Kontaktaufnahme zur einheimischen Bevölkerung strenge Verhaltensmaßregeln gelten. Sie finden diese im Einführungsordner auf Ihrem Pad …«
So ging es endlos weiter. Nach zwei Stunden im Seminarraum wurden wir noch durch die Kaserne geführt, der Rundgang endete vor der Kantine, es war Zeit für das Abendessen.
Mein Magen knurrte bereits seit geraumer Zeit, die letzte Nahrung, die ich zu mir genommen hatte, war das Frühstück an Bord des Schiffs gewesen. Zum Glück entsprach die Bordzeit der hier am Boden gültigen, so hatten wir nicht noch zusätzlich mit einem Jetlag zu kämpfen. Allerdings hatte der Tag hier etwas über sechsundzwanzig Stunden, es würde dauern, bis wir uns eingelebt hatten.
Auch in der Kantine hieß es Schlange stehen. Das Abendessen bestand aus drei Scheiben Brot nebst einem undefinierbaren Aufstrich. Fast breiig war das Zeug, außerdem braun eingefärbt. Zumindest roch es nicht.
»Nahrhaft«, sagte der Mann mir gegenüber.
Ich hatte an einem langen Tisch Platz genommen, an dem noch ein Stuhl frei gewesen war. Insgesamt saßen wir mit zehn Leuten dort.
»Du musst noch zwei Wochen durchhalten. Das Zeug gibt es zu jeder Mahlzeit. Lediglich die Farbe variiert. Angeblich auch die Inhaltsstoffe, aber da bin ich raus. Bin kein Chemiker.«
»Noch zwei Wochen durchhalten? Wie meinst du das?«, fragte ich ihn.
»Dann dürft ihr auch raus, in die Altstadt, nach Sangri. Da gibt es Schenken, die neben flüssiger Nahrung auch ansprechenderes Essen als das hier verkaufen.«
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